Björn Nölte: Individuelle Klassenarbeiten (Sekundarstufe)
Ablauf
Das Projekt beginnt mit einer adressatengerechten Vorstellung einer Kompetenzerwartung durch die Lehrperson. Die Schüler wählen auf der Basis dieser Vorstellung in einem Rahmen, der ihren Voraussetzungen entspricht, ein Projektthema. Sie begründen ihr Thema mit einer konkreten Kompetenz und entscheiden darüber hinaus (mit) über ihren Lernweg, ihr Produkt sowie eine mögliche Kooperation oder Kollaboration mit MitschülerInnen. So entscheiden sich zwei Schülerinnen möglicherweise für die gemeinsame Produktion eines Poetry-Clips zu einem Gedicht, während ein anderer Schüler alleine einen aktuellen Rap-Song mit Mitteln der Gedichtanalyse untersucht. Während der Bearbeitung sind begründete Wechsel möglich. Durch die kollaborative Lernplattform sind gegenseitige Feedbacks aller SchülerInnen und der Lehrperson möglich. |
Am Ende der Erarbeitung unterbreiten die SchülerInnen der Lehrperson (in einem Rahmen, den die Lehrperson definiert) Vorschläge für die eigene Leistungsbewertung, z. B. die systematische Untersuchung eines unbekannten Poetry-Clips (Videos) oder eines nicht bekannten Rap-Songs.
Die Lehrperson stimmt die Vorschläge mit den Schülern ab (“Welche Art der Bewertung ist für dich sinnvoll?”). Sie formuliert am Ende die Aufgabe der Leistungsbewertung für jede/n Schüler/in. Nach der erfolgten Leistungsbewertung werden Lernwege und -ergebnisse individuell reflektiert. |
Leistungsbegriff
Über die Gelegenheit zur Übernahme von Verantwortung für die eigene Leistung und dem Recht auf Mitbestimmung an der Art der Leistungserhebung steigen Legitimation und Relevanz von Leistungsbewertung als solche. Gleichzeitig wird die Reflexionskompetenz der Schüler/innen aktiv gefördert.
Leistungsbewertung
Ein Ziel sollte hier sein, die Leistungsbewertung von einem fremdbestimmten Ereignis möglichst weit zu einem selbstbestimmten Ereignis zu transformieren. Gleichzeitig ist die sogenannte Sozialnorm der Leistungsbewertung, also der Vergleich mit den anderen Lernenden der jeweiligen Gruppe, zwar noch immer sehr dominant in der gesellschaftlichen Wahrnehmung, aber nur mäßig erfolgreich für den Erwerb von Resilienz. Eltern wird daher gerne der pädagogische Rat gegeben, ihre Kinder nicht zu fragen: “Wie war denn der Klassendurchschnitt der Arbeit?”, sondern eher: “Bist du selbst einverstanden mit der Bewertung, die du erhalten hast?” In der Organisation der Leistungsbewertung kann eine Beteiligung und Reflexion der Lernenden über ihre eigene Bewertung vor und nach dem eigentlichen Bewertungsvorgang dazu führen, dass Akzeptanz und Relevanz für den Lernenden steigen und die Selbststeuerung dazu führt, dass insgesamt eine weitere Entwicklung von Resilienz einsetzt. Wenn meine Leistungsbewertung für mich plausibel ist, ich selbst möglicherweise sogar Einfluss auf Form, Gegenstand, Zeitpunkt, beteiligte Personen und Kriterien habe, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass ich diesen Vorgang nicht als fremdgesteuertes Schicksal einer äußeren Macht ansehe, sondern als Instrument, dass ich selbst bedienen kann und dass ich benutzen kann, um Erkenntnisse über mein Lernen und meine Entwicklungschancen zu gewinnen. Leistungsbewertung könnte sich in diesem Sinn zu einer Möglichkeit entwickeln, auch mit Misserfolgen so produktiv umzugehen, dass sie als Lernchancen durch den Lernenden gesehen werden. Und das ist Resilienz.
Resilienz
Resilienz meint die Fähigkeit, mit Widerständen, Hindernissen, Misserfolgen und Schwierigkeiten produktiv umzugehen. Im pädagogischen Kontext kommt der Resilienz eine große und noch steigende Bedeutung zu. In der Schule sind Kinder und Jugendliche permanent Widerständen vielfältiger Art ausgesetzt. Das pädagogische Ziel eines mündigen, selbständig urteilenden und lernenden jungen Menschen beinhaltet die Fähigkeit der Resilienz als Voraussetzung des Lernens. Zeitgemäße Lernsituationen und zukünftige Arbeitskontexte erfordern ein steigendes Maß an agilem Umgang mit sich immer schneller verändernden Anforderungen. Neben allen spezifischen Kompetenzen bietet eine resiliente Grundausstattung der Persönlichkeit dafür ein passendes Fundament. In der Schule begegnen den Lernenden Erfolge und Misserfolge häufig in Form von Leistungsbewertungen. Daher bietet dieses Feld eine große Schnittmenge zum Thema Resilienz.
Tools
- Lernumgebungen wie Google Classroom oder Microsoft Teams zur Kooperation der SchülerInnen und der Möglichkeit zur Begleitung und Rückmeldung durch die Lehrperson.
- Die Wahl der Apps oder Tools ist abhängig von den gewählten Schülerprojekten. Während der konkreten Leistungserhebung ist eine digitale Hardware-Ausstattung nötig, damit die Lehrperson auch in diesem Zeitraum den Arbeitsprozess der Schüler/innen diagnostizieren kann.
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www.pixabay.com
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